Mittwoch, 31. Dezember 2008

Don Promillos

Na, habt ihr heute auch wieder alle Schnapsregale dieser Welt belagert? Mit Sicherheit, ich kenne doch die ganzen Spritis, die heute wieder dem wohlverdienten Dilirium entgegenfiebern. Wenn die extrem gut gelaunte Fuselmeise heute mal wieder ihre sieben Tetra-Pack Wein gelehrt hat, sitzen die Spriteule und der Rotnasenspatz Neujahr um 10 Uhr schon längst wieder in der Spelunke von nebenan. Puh, was wird der Schädel bei einigen morgen wieder hämmern - dieses herrliche pochen! Nur die Schnapsdrossel wird wie gehabt alles im Griff haben -dem Hochprozentigem sei Dank. Prost! Aber hört mir bitte auf mit den guten Vorsätzen fürs neue Jahr. Nutzt nichts, Silvester wird eh wieder gesoffen bis der Arzt euch wieder Kochsalzlösungen intravenös einflösst.

Montag, 22. Dezember 2008

Blindflug


Im Blindflug durch die Nacht...

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Spion und Filou - und doch Mensch

Buchtipp II: William Boyd - Eines Menschen Herz


Er ist ein englischer Lebemann, Schriftsteller, Kunsthändler und Spion. Logan Gonzago Mountstuart (LMS) ist Held wie Anti-Held gleichermaßen, aber vor allem eines: ein Mensch, der die Frauen begehrt und den Alkohol liebt.

Autor William Boyd ist es gelungen, das hochinterssante Leben von Mountstuart anhand seiner Tagebücher, die der Protagonist mit kleineren Unterbrechungen ab 1923 bis Anfang der 1990er Jahre schrieb, in einen Roman zu gießen. Es ist eine Zeitreise, in der historische Fakten eine perspektivische Nebenrolle einnehmen, aber keinesfalls stören. Im Gegenteil: So erfährt man einiges über die englische Gesellschaft oder das Partyleben in der New Yorker Künstlerszene.
Der Leser nähert sich Stück für Stück der Persönlichkeit des 1906 in Uruguay geborenen Mountstuart und entwickelt Gefühle für ihn, erst recht, als er 1991 stirbt.

Zum Inhalt: LMS ist ein Multitalent. Die Künstlerszene nennt er sein Zuhause. Als gefeierter Schriftsteller und als Korrespondent im spanischen Bürgerkrieg begegnet er Größen wie Ernest Hemingway oder Picasso, die wie LMS, die Frauen liebten. LMS hat eine gescheiterte Ehe hinter sich, aus der ein Kind hervorgegangen ist. Er heiratet erneut und wird einige Jahre später von der Navy als Spion im Zweiten Weltkrieg eingesetzt und landet auf den Bahamas. In der Schweiz gerät er schließlich in Gefangenschaft. Erst zwei Jahre später ist er frei. Gebrochen, nachdem er erfahren hat, dass seine große Liebe sowie seine Tochter bei einem Bombenangriff ums Leben kamen, flüchtet er nach Paris, später nach New York. Weitere Nackenschläge folgen, doch LMS, der zunehmend der Melancholie verfällt und voller Selbstzweifel steckt, geht 1969 als Lehrer nach Afrika - Nigeria. Dort herrscht Bürgerkrieg, so dass er erneut als Korrespondent arbeitet. Sechs Jahre später ist er zurück in London. Das Schreiben von Romanen verwirft er immer und immer wieder, obwohl er zahlreiche Ideen hat. Nach einem Verkehrsunfall lebt er am Existenzminimum, und isst Hundefutter in allen Variationen. Wegen Geldmangels trägt er für das Sozialistsiche Patientenkollektiv (SPK), die mit der RAF sympathisieren, Zeitungen aus. Erst in Frankreich, wo er 1991 stirbt, findet er seinen persönlichen Frieden.

Fazit: Das Leben des Logan Gonzago Mountstuart ist faszinierend, spannend und gleichzeitig für ihn doch in gewisser Hinsicht frustrierend. Der Leser kann sich mit ihm fast immer identifizieren und ist mit ihm auf seinem Lebensweg stets verwurzelt. Einfach klasse!


Sonntag, 30. November 2008

Der Auto-Radio-Profi-Strippenzieher

Er ist absolutes Wrack. Musiktechnisch läuft schon lange nichts mehr. Wenn er im Auto sitzt, dudeln irgendwelche kranken Sender ihre schmalzigen „Hits“ rauf und runter. „Zum Erbrechen.“ Seitdem das antike Auto-Radio seine steinalten aber immer noch kultigen Casis nicht mehr schluckt, leidet sein Gemüt. Magenkrämpfe. Von Aggressionen und gleichzeitigen Weinkrämpfen geplagt, begrüßt er beinahe täglich das Radio-Grauen wenn er auf den Highways der Republik unterwegs ist. Doch wie so oft, ist er selbst Schuld an seiner Misere. Die musikalische Diaspora hat allein er selbst zu verantworten. Denn auf seinem Schreibtisch lagert das Blaupunkt San Remo CD32, das ihm sein Kollege MK netterweise geschenkt hat, seit April 2007. Aber erst jetzt, etwa eineinhalb Jahre später, ist es endlich soweit. Er beweist Mut und wagt es. Nein, er legt selbstverständlich nicht selbst Hand an. Das kann er nicht, überhaupt nicht. Technisch ist er eine absolute Null. Punktum: Es kann nur einen geben: Ayse - der Auto-Radio-Profi-Strippenzieher vor dem Herrn. Wenn es einer drauf hat, dann er.

Routiniert wie eh und je schreitet er sofort ans Werk. Ein kurzer Blick genügt und schon weiß Ayse was Sache ist. „Da ist dein Glückstag“, meint der Experte. Ehrfurchtsvoll beobachtet der Laie und Azubi in spe, wie der Strippenmeister kühlen Kopf bewahrt. Etwa eine Minute später ist der Käse gegessen. Die Stecker sitzen. „Das schlimmste haben wir geschafft. Das Ding hat Strom“, sagt Asye. Doch dann tauchen unerwartet Probleme auf. Die CD-Funktion funktioniert zwar, aber dafür das Radio nicht richtig. Doch verzagen gilt nicht, der Strippenmeister hat alles im Griff. Ein Blick genügt: „Wir haben die Fehlerquelle lokalisiert. Wollen wir mal das Antennenkabel fixieren.“ Fachmännisch greift Ayse in seine Wundertüte, holt das Klebeband ’raus und reißt ein paar Fetzen ab. Kein Problem und schon ist alles eingetütet. Das Radio funktioniert - Experte und Laie sind zufrieden. Das musikalische Wracksein gehört der Vergangenheit an. Endlich wieder coolen Stoff. Danke Strippenmeister.

Dienstag, 25. November 2008

Hirnsausen

Rattenalarms Brain rattert

Heute: Ein Anflug von Kult



Samstag, 22. November 2008

Schweißgebadet an der Kasse


Der Magen knurrt. Er hat Hunger, erbärmlichen Hunger. Der Weg zum Kühlschrank ist nicht weit. Er öffnet ihn. Eiseskälte schlägt ihm entgegen. Bis auf Marmelade, verkrusteten ollen Käse und einer einsamen Frikadelle von vorgestern ist nichts mehr da. Gähnende Leere. Zeit, zu handeln. Aldi, Lidl und Konsorten warten mit Köstlichkeiten auf ihn.


Schnell zieht er sich die Jacke an, rennt zum Auto und startet seine Kiste. „Moment! Da war doch noch was“, denkt er. „Mist! Ich hab’ das Portemonnaie vergessen.“ Zurück, alles auf Anfang. Doch dann geht es endlich los. Die Ruhe verflüchtigt sich allerdings schneller als gedacht. Er blickt während der Fahrt in seine Geldbörse. „Das war doch klar! Summa summarum 4,37 Euro.“ Den Großeinkauf kann er sich abschminken. Ein Hoffnungsschimmer: Die EC-Karte zwischen all den unnötigen Zetteln blitzt. Der Aufschrei der Erleichterung währt jedoch nicht allzu lang. Seine Gehirnwindungen spielen ihm einen Streich. Er weiß es nicht. Der aktuelle Kontostand bleibt ihm ein Rätsel. Ein Martyrium bahnt sich an.

Auf dem Parkplatz vor dem Laden überlegt er noch, was er denn jetzt eigentlich hier soll. Er hat nicht einmal den Euro für den Einkaufswagen. Zwei zwei Euro-Stücke, drei Mal fünf Cent und der Rest vom Schützenfest. „Da geht nicht viel.“ Die Unsicherheit quält ihn. Egal, er setzt auf Risiko, alles auf eine Karte. Nervös rennt er durch den Laden, schnappt sich einen Karton und schreitet mit hängendem Kopf durch die Reihen. Ab und zu greift er nach ein paar Kleinigkeiten, blickt dabei nach alle Seiten und denkt: „Guck sie dir an. Sie wissen es. Ich habe keine Asche auf Tasche.“ Doch mutig begibt er sich zur Kasse, legt mit schweißgebadeten Händen die Ware auf das Fließband. Jetzt gilt es.

Vor ihm steht ein Freak in seinem Alter. Etwa zehn Teile scannt die griesgrämig dreinschauende Kassiererin ein. Der Freak wird hochgradig nervös. „Was ist denn mit dem los“, denkt er. Mit zitternden Händen zückt der Freak seine EC-Karte und schiebt sie in den Leseschacht. „Systemfehler“, sagt die Kassiererin. Die Schweißperlen rinnen vom Gesicht des Typen nur so herunter. Er versucht es noch mal. „Systemfehler.“ Die Kassiererin weiß es: Der Freak hat keine Kohle. Sein Gesichtsausdruck spricht Bände. Ein Zittern seiner linken Wange lässt erahnen in welcher Gefühlswelt er sich gerade befindet. Doch sein Trumpf sind die drei Fünf-Euro-Scheine, die er aus seiner Hosentasche kramt. Notreserve vermutlich. 14,89 Euro muss er blechen. Der Freak scheint ein mathematisches As zu sein. Er blickt nochmals durch die Reihen, macht dann aber schnell den Adler. Denn er weiß: Die, die an der Kasse stehen, sehen alles. Sie lechzen geradezu nach Skandalen.

Jetzt ist es soweit. Er ist an der Reihe. Langsam, Zentimeter für Zentimeter, nahezu demütig kriechend bewegt er sich vorwärts. Der Gang nach Canossa ist beschwerlich. Die Kassiererin, so glaubt er, denkt: „Ach, schon wieder so einer.“ Die Lippen seines Mundes spitzt er, als wenn er ein fröhliches Liedchen pfeifen wollte. Ein selbst inszenierter symbolischer Abgesang? Vielleicht, denn er hat wesentlich mehr als 4,37 Euro auf den Tresen gepackt, darunter acht Päckchen Tabak a 3,40 Euro. Er will es wissen. Die Kassiererin scannt alles ein. Er kratzt sich den Schädel. „54,77 Euro, bitte“. Die Alarmsirenen heulen. Trotzig zieht er seine EC-Karte und gibt sie ihr. Flugs landet sie im Lesegerät. „Bitte den PIN eingeben und bestätigen.“ Okay. Gesagt, getan. Bruchteile von Sekunden vergehen. Der Kassendeckel springt auf. Er feiert. Jubelarien durchziehen seinen Körper. Ein überschwänglicher Pfiff. Die Leute gaffen. Freundlicher denn je verabschiedet er sich. Draußen zündet er sich eine Zigarette an. Der Hunger ist verflogen.

Montag, 17. November 2008

Ein Mann, eine Krankheit

Der Blick in den Spiegel entlarvt das ganze Ausmaß des Dramas. Glasige Augen, schwarze Ränder und eine triefende Nase: Ein Mann, eine Krankheit.
Früher war er Hypochonder - extrem anfällig und ständig in Alarmbereitschaft. Er nahm alles mit, was er nur kriegen konnte. Akribisch beobachtete er seine körperlichen Empfindungen. Klassiker a la Schnupfen, Husten, Halsschmerzen waren obligatorisch – rotierend einmal im Monat. Ab und zu gesellten sich Atemnot, Blutvergiftungen oder auch Herzschmerz dazu. Die ganze Palette eben.


Er sah Viren, die niemand sonst sah. Immer und immer wieder strömten die Biester nur so auf ihn ein. Geradezu danach haschend, öffnete er seine Schleusen und sog alles in sich hinein. Er war es, den sie wollten. Denn er wusste, wie man leidet. Er war ein Mensch, der sich nicht wohl fühlt, wenn er sich wohl fühlt. Kleinigkeiten gab es prinzipiell nicht. Der Exitus stand stets Pate, wenn er seine Symptome analysierte. Doch jetzt, Jahre später, fühlt er sich in Sicherheit.


Doch die Viren sind wieder da. Er wird in die Apotheke rennen und diese kleinen possierlichen Erreger, die orgiastische Freudenfeste in seinem Körper feiern, bis aufs Messer bekämpfen. Ist es nicht wunderbar? Kaum beginnt der Urlaub und schon fängt man an zu röcheln. Herzlich Willkommen in der kühlen Jahreszeit!

Donnerstag, 13. November 2008

Back To The Roots II

Number-One-Classix Of All Time:
Heute Barry McGuire - Eve of destruction

Es ist ein Protestsong. Vielleicht der Protestsong überhaupt. Jeder, der Barry McGuires phänomenal rauchigen Stimme zuhört, gerät unmittelbar in ihren Bann. Der Song thematisiert facettenreich die Missstände in den USA des Jahres 1965. Es ist das Zeitalter des Kalten Krieges, der schonungslos die amerikanische Gesellschaft durchdringt. Ob Vietnamkrieg, Rassendiskriminierung oder heuchlerische Doppelmoral: McGuire trifft den Nerv seiner Zeit. Zornig, verzweifelt rechnet er ab. Ein Gesellschaftsportrait, in dem die von ihm verbreitete Endzeitstimmung auch heute, mehr als 40 Jahre später, nicht an Aktualität einbüßt. Schließlich sind Kriege und Diskriminierungen weiterhin Bestandteil in allen Gesellschaftssystemen der Welt.





The eastern world, it is exploding Violence flarin', bullets loadin' . You're old enough to kill, but not for votin'. You don't believe in war, but what's that gun you're totin'. And even the Jordan River has bodies floatin'. But you tell me over and over and over again, my friend. Ah, you don't believe we're on the eve of destruction. Don't you understand what I'm tryin' to say Can't you feel the fears I'm feelin' today? If the button is pushed, there's no runnin' away There'll be no one to save, with the world in a grave [Take a look around ya boy, it's bound to scare ya boy] And you tell me Over and over and over again, my friend Ah, you don't believe We're on the eve of destruction. Yeah, my blood's so mad feels like coagulatin' I'm sitting here just contemplatin' I can't twist the truth, it knows no regulation. Handful of senators don't pass legislation And marches alone can't bring integration When human respect is disintegratin' This whole crazy world is just too frustratin' And you tell me Over and over and over again, my friend Ah, you don't believe We're on the eve of destruction. Think of all the hate there is in Red China Then take a look around to Selma, Alabama You may leave here for 4 days in space But when you return, it's the same old place The poundin' of the drums, the pride and disgrace You can bury your dead, but don't leave a trace Hate your next-door neighbor, but don't forget to say grace And... tell me over and over and over and over again, my friend You don't believe We're on the eve Of destruction Ah, no no, you don't believe We're on the eve of destruction.

Montag, 10. November 2008

Qualen des Tages III



Kurz vor sechs, der Wecker klingelt - wieder ist extrem frühes Aufstehen angesagt. Puh, das Wochenede sitzt noch in den Knochen. Schnell anziehen, das Taxi wartet. Ab geht's zum Bahnhof. 6.15 Uhr. Floskeln werden ausgetauscht, der Fahrer ist allerdings genauso wenig gesprächsbereit wie ich selbst. Draußen ist es ungemütlich: der Wind ist empfindlich kühl, kurzzeitg peitscht auch noch der Regen. Bielefelder Wetter. Wunderbar, denkt der Pendler zwischen den zwei Welten.



Egal, er raucht vor dem Bahnhof schnell eine Fluppe, nichts ahnend, was ihn gleich erwarten wird. Er rennt zunächst zum Bäcker, holt sich zwei Brötchen und organisiert anschließend noch den Kicker. "Super, der Pflichtteil ist erfüllt", denkt er. Doch dann beginnt das Grauen. Er blickt auf die Anzeigentafel der Bahn und sieht voller Entsetzen, dass bereits der 5.38 Uhr-Zug Richtung Berlin eine Verspätung von angegebenen 50 Minuten hat. Konsequenzen scheinen auch für seinen 6.38 Uhr-Zug zu drohen. Geistesgegenwärtig rennt er zum Schalter und hakt nach: Was ist da los? "Nein, ihr Zug ist von den Verpätungen nicht betroffen", versichert ihm der Bahnangestellte mit einem Lächeln. Doch als sich der Pendler umdreht und erneut zur Tafel hochblickt, ist es amtlich. Seine Mine verfinstert sich. Auch sein Zug hat jetzt eine Verspätung von zehn Minuten. Das Hirn rotiert. Die Hochrechnungen laufen. Schafft er den Anschlusszug in Spandau nach Neuruppin? "Noch ist alles im grünen Bereich." Er geht zum Bahnsteig. Wieder eine Veränderung: 20 Minuten Verspätung. Dann 30 und schließlich wird noch die 40er Marke geknackt. "Super!" Die Gewissheit ist da, pünktlich kommt er nicht nach Neuruppin. Aber die Fakten liegen wenigstens auf dem Tisch: Irgendein Güterzug hat bei Beckum die Gleise blockiert. Unfall. Unheil.


Er ist dennoch froh, endlich die Kälte hinter sich gelassen zu haben. Er sitzt im warmen Zug. Dann fangen die Bahnangestellten an, jeden mit Freigetränken zu versorgen. Kaffee, Wasser, Saft: Die ganze Palette wird aufgefahren. Aber der Freak bleibt eisern. Er ist angenervt und nimmt keines der Angebote war. Er studiert aufmerkasam den Kicker, liest dann den völlig abgedrehten und durchgeknallten russischen Roman namens Ljod - Das Eis. Ab und zu nickt er ein. Checkt nochmal die Lage und erkundigt sich, wie das mit seinem nächsten Anschlusszug aussieht. "Alles kein Problem". Denkste! Vor Berlin hatte anscheinend jemand keinen Bock mehr und hat Schienen mit Köpfen gemacht. Toll, der arme Kerl: Warum? Er wird wohl schwerwiegende Gründe gehabt haben, aus dem Leben scheiden zu wollen, glaubt er. Bitter!



Dann ist Spandau in Sicht. Super! Den Anschlusszug um 10.06 Uhr schafft er. Schnell rennt er zu einer cholerischen Schaffnerin, wie er wenige Sekunden später feststellen muss, um sich die am Ende 60 minütige Verspätung auf seinem Ticket abzeichnen zu lassen. Der Verspätungstrip muss schließlich fürstlich entlohnt werden. Aber die Furie macht erstmal so richtig amtlich Theater. Genau das war es, worauf er gewartet hatte. Klassisch Bahn eben. Nach etlichen Diskussionen kommt sie ihrer Pflicht dann doch noch nach. Ab in den nächsten Zug - gähnende Langeweile und Bummelei. 11.30 Uhr. Das Ziel ist erreicht. "Danke", sagt er sich. "Es macht immer wieder Riesenspaß mit der Bahn zu fahren." Mal sehen, wie das mit der Kohle laufen wird. Bestimmt total unkompliziert. Da ist er sich sicher.

Montag, 3. November 2008

In den Fängen des Christentums



Buchtipp: Arcanum - Im Zeichen des Kreuzes

Spannungsgeladen, actionreich und mit überraschenden Wendungen garniert: Chris Kuzneskis "Arcanum - Im Zeichen des Kreuzes" ist ein Reißer. Der Thriller mit rasanten Schauplatzwechseln, in dem verschiedene Handlungsstränge nach und nach zusammengeführt werden, lässt den Bücher verschlingenden Leser nicht mehr los. Die Energie sprüht quasi aus den Lettern heraus. Man hat stets das Gefühl, dabei zu sein.
Zur Story: Weltweit werden vier Menschen wie einst Jesus Christus ans Kreuz genagelt. Währenddessen sind die beiden Archäologen Dr. Charles Boyd und Maria Pelati dem wohl größten Geheimnis (lateinisch Arcanum) des Christentums auf der Spur. Im italienischen Orvieto -während des 40 Jahre andauernden Schisma war das umbrische Orvieto zeitweise Residenz der Päpste des Mittelalters - finden sie in unterirdischen Katakomben eine Schriftrolle, für die eine skrupellose Gruppe von Fanatikern und Auftragsmördern bereit ist, zu töten. Die Katholische Kirche, Interpol und der CIA tappen im Dunkeln.
Wer auf die Mixtur a la James Bond, Indiana Jones und "Illuminati" steht, wird schnell infiziert und kann das Buch in einem Rutsch verschlingen. Jedes Kapitel endet mit einem Paukenschlag und lädt zum Weiterlesen geradezu ein. Für einen Kultstreifen reicht das Buch zudem. Vielleicht wird der Roman verfilmt - lohnen würde es sich.

Freitag, 31. Oktober 2008

The Last Waltz



Melancholische Emotionen...einfach schön traurig. Wer den koreanischen Film Oldboy gesehen hat, weiß, wovon ich spreche...

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Qualen des Tages II







Bielefeld, 5.45 Uhr. Ein junger dynamischer Mann schreitet zu seinem Auto. Es ist sau kalt. "Das sind doch gefühlt minimum minus 28 Grad", denkt er. Auch das noch. Die Winschutzscheibe ist vereist. Kratzen ist angsagt. Gänsehaut pur. Doch die Freude darüber hält sich in Grenzen. Schnell stürzt er ins Auto, dreht den Zündschlüssel um, schiebt den Heizungsregler hoch bis zum Anschlag und setzt den Polo, Baujahr 1990, in Bewegung. Läppische 418 Kilometer liegen vor ihm. Erwartete Ankunftszeit in Neuruppin: 9.45 Uhr. Erst dann wird der Tag so richtig beginnen, das weiß er ganz genau. Denn in der Redaktion gibt es kein Erbarmen. Preise winken zwar keine, aber investigativer Journalismus ist stets gefragt. „Puh“, sagt er. „Was wird das wohl für ein Tag werden?“.

Es nutzt nichts. Der in Gedanken versunkene Herr der Autobahnkilometer gibt Gas - ohne Co-Piloten, ohne anständige Musik. Eine Qual. Der antiquierte Kassettenrekorder seines Radios hat den Geist aufgegeben - rien ne va plus, nichts geht mehr und das seit Monaten. Wie dem auch sei, zunächst ist Ampelhopping angesagt. Er sieht Rot, soweit das Auge reicht. "Hmm." Das Hirn rattert. "Wenn das so weiter geht, muss ich wohl auf der Bahn den Bleifuß setzen." Er vergisst dabei nur eines: Der Polo bringt bestenfalls 140 Kilometer pro Stunde. Eigentlich nicht schlecht, aber "Dieter" war zur Wendezeit bereits auf dem Zenit seines Könnens. Berge liebt der Polo ebensowenig wie notorische Linksfahrer, die ihn ständig ausbremsen. Doch um diese frühe Uhrzeit gibt es eh nur Raser. Glück gehabt. Die A2 ist voll, aber Staus sind nicht in Sicht. Dafür ist es zu nebelig im Auto. Der Qualm der Zigaretten lässt keinen Durchblick zu. "Egal, Augen zu und durch", denkt er.

Anfangs noch auf Adrenalin beginnt es ab Hannover monoton zu werden. Die Nachrichtenlage ist klar. Er hat längst alles verinnerlicht. Dann dudeln NDR2 und im Wechsel irgendwelche Hit-Radios, die wie immer ihren größten Hits aller Zeiten spielen. "Mir wird schlecht." Plötzlich ein Lichtblick. Die Nebelschwaden haben sich verzogen. Vor Wolfsburg ein klitzekleiner Stau: VW ruft. Das war's - immer weiter geradeaus. Dann ist sie wieder präsent: Die ehemalige innerdeutsche Grenze ist in Sicht. Erinnerungen werden wach. Früher, auf dem Weg nach West-Berlin, gab es immer dieses leichte Kribbeln wenn die Vopos die Papiere kontrollierten. Er weiß nicht mehr, wie oft er diese Strecke bereits gefahren ist, aber die Gedanken sind immer wieder die selben. Ab und zu rastet er dort und schaut sich die Ausstellung in Marienborn an. Heute nicht.

Hinter Magdeburg packt es ihn. Den Kaffee kann er förmlich riechen. Es wird Zeit, schließlich ist es bereits 8.07 Uhr. Nur noch 130 Kilometer bis zum Ziel. Endspurt. Autobahnwechsel am Dreieick Werder. 120 km/h sind erlaubt. Er weiß es aus Erfahrung: "Bloß nicht schneller." In Brandenburg wird extremst geblitzt. Kein Spaß. Den Blick hat er stets auf den Tacho gerichtet. Von Panik keine Spur. Der Autopilot ist eingeschaltet. Monotonie, Agonie.

9.40 Uhr. Geschafft. Nach knapp vierstündiger Fahrzeit ist Neuruppin erreicht. Trotzdem: Er ist fertig, absolut fertig!

Mittwoch, 29. Oktober 2008

La Vida Tombola

Er ist wieder da. Das Auf und Ab geht weiter. Geliebt, gehasst und irgendwie unsterblich: Als Nationaltrainer Argentiniens feiert Diego Maradona nach zahlreichen Drogenexzessen nun zum X-ten Mal seine Auferstehung. Danke, ihr Fußball-Götter! Am Ball ist er immer noch der Größte. Aber Manu Chaos "La Vida Tombola" trifft den Nagel irgendwie auf den Kopf. Was meint Ihr?

Tricky




Eine dramatische Begegnung mit Manu Chao




Ein Mann, eine Tragödie


Montag, 27. Oktober 2008

Platzwart

Mit den Waffen eines Trainers

Er spielte für Arminia Bielefeld, Borussia Mönchengladbach und den MSV Duisburg. 333 Mal stand er in der Bundesliga auf dem Platz. Doch was am 14. August 1981 geschah, wird dem ehemaligen Friedensaktivisten Ewald Lienen akut in Erinnerung bleiben. Akut vor allem der Schmerzen wegen.

Tatort Bremer Weserstadion: In der 14. Minute rennt der langmähnige Mittelfeldmotor der Arminia über links durch die Reihen, bietet sich an und erhält das Leder. Lienen verspringt der Ball ein wenig und plötzlich packt sein Gegenspieler „Zico“ Norbert Siegmann die Schere aus. Der Bremer erwischt Matten-Ewald noch vor der Strafraumgrenze. Lienen windet sich am Boden, fasst vor Schmerzen an seinen rechten Oberschenkel.

Was er und später zahlreiche Fußball-Fans im Stadion und am Bildschirm mit ansehen müssen, ist der wahre Horror: Sein muskulöser Oberschenkel wird blitzblank aufgeschlitzt. Die Hautfetzen gleichen einem Lappen. Lienen ist fassungslos. Er ballt die Fäuste. Wie in Trance, aber extrem auf Adrenalin und unter Schock stehend, schreit Lienen wild drauf los und rennt Sekunden später wie von der Tarantel gestochen auf Bremens Trainer Otto Rehhagel zu.

Die etwa 25 Zentimeter lange, klaffende und offene Fleischwunde ist unübersehbar. Selbst der Knochen ist deutlich zu erkennen. Lienen brüllt Rehhagel an und macht ihn für das grobe Einsteigen des fortan nur noch „Der Schlitzer“ genannten Norbert Siegmann verantwortlich. Rehhagel soll ihn wie einen räudigen Kampfhund mit den Worten „Pack ihn dir“ heiß gemacht haben. Die tumultartigen Szenen bleiben unvergessen.

Siegmann erhielt nur die gelbe Karte. Das Spiel endete 1:0 für Werder. Aber interessiert hatte das eigentlich Niemanden. Das entsetzliche Bild des aufgeschlitzten Oberschenkels geht um die Welt. Die Debatten über unfaire Klopper in der Liga waren entfacht. Mit einem Zivilprozess gegen Rehhagel und Siegmann hatte Lienen allerdings keinen Erfolg.

Das Image des Treters wurde Siegmann nicht mehr los. Er beendete 1986 seine Karriere. Rehhagel, der Arminia Bielefeld 1978 -1979 trainierte, konnte zum Rückspiel am 23. Januar 1982 auf der Alm nur unter Polizeischutz ins Stadion geleitet werden. Er erhielt im Vorfeld Morddrohungen und saß während des Spiels mit einer schusssicheren Weste auf der harten Trainerbank.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Back To The Roots

Number-One-Classix Of All Time: Heute Human League - Being Boiled

The Human League - Being Boiled 1978



Es ist ein absoluter Klassiker der frühen New Wave-Szene. Mit ihrem Hammer-Song Being Boiled haben Human League den Nerv einer Generation getroffen. Und den nicht nur damals - 1978. Das gilt heute noch genauso. Egal ob 78er - im John Carpenter-Style - , 80er oder 82er Version: Es ist ein Meisterwerk und gehört für mich zu den Songs, die absolut zeitlos sind und bleiben.

The Human League - Being Boiled 1982

Wer sich auf den Sound einlässt, spürt die Vibrations bis ins Mark. Zukunftsorientierte Endzeitstimmung, die bis heute und auch übermorgen überlebt. Mystisch und illusorisch drückt der Elektro-Sound und die Stimme von Sänger Phil Oakey die Hoffnungslosigkeit energisch aus. Dass der Todeskampf der Seidenraupenpuppe thematisiert ist und Buddha diesen vehement anklagt, spielt vermutlich für Fetischisten des Songs eher eine untergeordnete Rolle.

Fetish69 - Being Boiled 1993


Apropos. Fetish 69 coverte Being Boiled 1993. Die Österreicher warten mit einer Gitarren röhrenden Variante aus. Sehr gelungen, wie ich meine. So oder so, der Song bleibt ein absoluter Meilenstein.


Brandenburg

Brandenburg. Ich sag nur Brandenburg. Ein Bundesland ist im Aufbruch. Zumindest gefühlt. Das behaupten Einwohner und Zugereiste. Als ich vor etwa zwei Jahren das Naturparadies im Osten der Republik zum ersten Mal hautnah kennen lernen durfte, ist mir eine Tatsache sofort aufgefallen: Seen und Alleen. Seen und Alleen so weit das Auge reicht.

Toll, dachte ich. Wahnsinn, es ist tatsächlich wunderschön hier. Doch Fuchs und Hase sagen sich hier reglemäßig alleine gute Nacht. Wo sind nur die Menschen? Als Westfale bin ich logischerweise Massen gewöhnt. 18 Millionen Menschen leben in NRW, in Brandenburg sind es zwei - aber wo sind die Millionen? Sie sind einfach nicht da. In Neuruppin beispielsweise werden die Bürgersteige ab 18 Uhr hochgeklappt. Es ist wie ausgestorben. Ist der Mensch eine aussterbende Spezies in der Mark? Wo sind sie hin?

Zurück zu den Seen und Alleen. Fahre ich mit meinem Paddelboot über den Ruppiner See, so sehe ich stets Berliner mit ihren großen Kähnen darüber schippern. Keine Spur vom Brandenburger. Es ist so leer und ausgebrannt. Auch die Straßen sind wie leer gefegt. Fahrt doch einmal die Alleen entlang. Was ihr dort seht gleicht einer Verehrung des Christentums. Holzkreuz an Holzkreuz reiht sich aneinander. Der Baum ist und bleibt in der Regel allerdings immer der Sieger. Puh, jedes Mal wenn ich durch die Alleen brause, rattert mein Hirn. Jetzt weiß ich, wo sie hin sind die Brandenburger.

Dienstag, 21. Oktober 2008

Qualen des Tages


Kennt Ihr das auch?
Ob montags, dienstags oder freitags: morgens ab 10 Uhr spuckt es nur so aus Dir heraus, aber die erbarmungslose Welt dreht sich trotz eines Hammer-Schädels immer weiter. Dein Hirn platzt beinahe, es suppt aus allen Poren. Ein wahrer See des Entsetzens bereitet Dir Seelenqualen, aber warum nur?