Er kauert im Bett, wälzt und windet sich hin und her. Er winkelt die Beine an, seine Hände umgreifen die Knie, er beißt buchstäblich auf die Zähne: "Meine Fresse, diese Schmerzen", denkt er und wimmert dabei extrem. Die Tränen rinnen bereits die Wangen hinab. Er ist gealtert. Sein Gesicht wirkt eingefallen. Kein Wunder, der einstmals nur als Phantom vertraut gewesene Schmerz ist zurück, real zurück.
Es ist lange her. Der Schmerz in all seinen Facetten hat ihn voll im Griff. Die Nacht ist lang. "Was soll er tun?", fragt er sich. Eine Mundspülung könnte seine Schmerzen lindern. Auch die Zähne werden um 2.30 Uhr nochmals geputzt. Doch das Pochen lässt nicht nach. Keine Gnade. Permanent puckert es. Wenngleich er den Schnaps schon am Bett stehen hat, lässt er lieber die Finger davon. Er quält sich, ist mit sich im Unreinen, aber völlig.
Die Antibiotika, die er wegen einer anderen Geschichte eh schon einnimmt, helfen auch nicht - obwohl im Beipackzettel irgendwas von Parodonthose-Behandlung drin steht. Im Gegenteil, die Dinger schlagen ihm zudem noch auf den Magen. "Alles auf einmal. Was ist das für ein Fiasko", urteilt er. Er denkt und denkt und denkt und denkt nach. Doch seine Gedanken werden vom Schmerz mir nichts dir nichts überwältigt. Er hat keine Chance, auf die Schnelle zu handeln. Er harrt aus. Um 4.44 Uhr hat er das letzte Mal auf die Uhr geschaut, Schnapszahl. Er handelt. Prompt schläft er ein. Die Höllenqualen scheinen besiegt.
Doch gegen 6.30 Uhr wacht er auf - mit Schmerzen, mit jämmerlichen Schmerzen. Folter. Tortur. Die Plackerei geht weiter. Er hält mit seiner linken Hand seine Wange, die mittlerweile ästhetisch-schön angeschwollen ist. Der Oberkiefer brennt, das Zahnfleisch würde er sich am liebsten mit den Fingernägeln herunterkratzen. Innerlich detoniert er gerade. Und äußerlich? Er sieht aus wie der letzte Hacho. Das Glas im Spiegel müsste eigentlich zerbersten. Die Augenringe, die Falten, der Schweiß auf seiner Stirn. Der reinste Horror.
Andauernd muss er seine Kauleiste abtasten, bis er endlich das Elend lokalisiert hat. Es ist ein einziger, feiner vermutlich von innen verfaulter Zahn, der eine Ausstrahlung hat, die seinesgleichen sucht. Um 8 Uhr fasst er nach dem bereits erlebten Martyrium den Entschluss, einen Zahrzt anzurufen. Beim ersten scheitert er jämmerlich. Neulinge sind nicht willkommen. Und beim zweiten? Der Typ ist krank, hat selbst Zahnschmerzen, wie die Sprechstunden-Assitentin ihm versichert. Er kann es kaum glauben, aber die Schmerzen zwingen ihn, es bei einem anderen zu versuchen.
Er kommt durch, dran und lässt sich erzählen, was alles los ist. Die Litanei beginnt. Endergebnis: 4 mal Karies, und die Wurzel allen Übels ist zudem hin. Der Zahnmeister verpasst ihm eine Spritze und legt los. Völlig unentspannt lässt er sich in den Sitz fallen, krallt sich fest und lässt alles über sich ergehen. Fieses Fiepen, drchdringendes Dröhnen. Der Klempner bohrt den Zahn komplett auf, dabei faselt er etwas, das ihn beunruhigen lässt. Er versteht nur das Wort "sadistisch" und rotiert auf dem Sitz hin und her. Nervosität macht sich breit. "Wie meint er das?" Er hakt nach. "Ach", sagt er, "das Loch lassen wir jetzt erstmal bis kommende Woche offen. Eigentlich dürfte nicht viel passieren. Immer schön reinigen", sagt der Herrscher der Mundgeruchsfetischisten. "Achso, Schmerzen könnten sie schon noch bekommen", legt er nach. Auf diese Sado-Maso-Tour freut sich der Gepenigte nun - Zungenspiele im Loch inklusive...
1 Kommentar:
Auaa, das tut weh! Schöne Ostertage...
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