Es ist Sonntag. Er steht auf, geht ins Bad und guckt zuallererst in den Spiegel und stellt fest: "Boah, siehst du abgewrackt aus." Er überlegt sich, dagegen etwas zu tun.
Doch irgendwie ist er in Sachen Bartrasur wie immer in Null-Bock-Stimmung. Die Gefahr, dass er sich mit seinem billigen Nassrasierer zum wiederholten Mal die Haut zerfetzt, ist extrem groß. Die Kraterlandschaften mit Flüssen aus reinstem und feinsten Blut, kennt er nur allzu gut. Allen Gefahren zum Trotz beschließt er dennoch Hand anzulegen. Nachdem er zunächst seinen Schädel per Elektro-Rasierer klar gemacht und dabei die eitrigen Pickel auf seiner Rübe zerfleddert hat, nimmt er sich das Gesichts-Gewächs zur Vor-Rasur vor. Die Stopplen rieseln zu Boden, der Sauger steht bereit. Der erste Akt ist vollbracht, wenngleich er schon wieder keine Lust mehr hat, noch den Nassrasierer auszupacken.
"Reicht doch", denkt er. "Nein, zieh es durch." Er quält sich. "Gut." Mit einem Stöhnen auf den Lippen ringt er sich dazu durch, den Schaum auf seiner Fratze einzumassieren. Die Angst nimmt zu. Kein Wunder, denn eine Frage bleibt: "Wie alt ist eigentlich die Klinge?" Weil er keine neuen im Schrank liegen hat, wie er feststellen muss, ist das Dilemma groß. Riskiert er es oder lässt er es?
Da seine Borsten unter der weißen Schicht bereits verschwunden sind, beschließt er endgültig, den Rasierer mit der stumpfen Klinge durchs Gesicht zu ziehen, und zwar vorsichtig. "Ach, diese Schmerzen", klagt er. Während das Wort "Weichei" durch sein Hirn geistert, reißt er mit dem antiquierten Gerät die Stoppeln runter. Er konzentriert sich extrem, so dass der Kopf zu platzen droht. Allen gedanklichen Unkenrufen zum Trotz, schafft er es am Ende, gefühlt das erste Mal seit Jahren, ohne blutrünstiges Massaker auszukommen. Es ist Sonntag, der Montag kann kommen, gepflegt kommen.
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