Dienstag, 31. März 2009

Das große Zittern

Meine Augen waren weit aufgerissen, voller Ehrfurcht erstarrten sie beinahe und registrierten jede noch so kleine Bewegung. Dieses possierliche Tierchen hatte es mir angetan, gerade mir, der sonst bei jeder nur kurz zu sehenden Maus sofort auf den Tisch springt. Ein Minute und dreißig Sekunden habe ich es schließlich ausgehalten, die Königsnatter durch meine Hände gleiten zu lassen.

Paranoia. Schweißgebadet wache ich nun des Nächtens auf. Kein Wunder, denn das Vieh hat mich im Traum zum wiederhloten Mal gewürgt. Mein Mund öffnet sich und krächzende Geräusche sprudeln aus mir heraus. Atemnot. Das Leben ist kein Ponyhof.

Sonntag, 22. März 2009

Der Schlüssel-Schussel langweiler Sonntag

Er steht auf, eiert ins Bad, blickt in den Spiegel und stellt fest: "Oh, my god: Die Augen sind ja puterrot." Was ist los? Nichts. Wenig Schlaf. Amtliches abgähnen ist angesagt, nicht mehr und nicht weniger. Duschen? "Och, nee! Keinen Bock." Es ist Sonntag. Ein klassischer Fall von Langeweile.





Ab in die Küche, Zeitung lesen, Kaffee trinken, schnell noch irgendetwas futtern - schmeckt zwar nicht, muss aber irgendwie sein. Wein geht nicht, ist noch zu früh. Dann eben gammeln und Zigaretten rauchen, nebenbei Musik hören. Och, da stellt er fest, dass er schon wieder müde wird. 11.13 Uhr. Gähn! Gedanklich spielt er den möglichen Mittagsschlaf durch: Also zehn Minuten Augenpflege, das Hirn lässt nicht mehr zu. Boah, und was jetzt? Aufspülen. Das triefende Fett ist hartnäckig. Die Teller stapeln sich. Rums! Resümee: Ein Teller, ein Weinglas bruch und klotten. Hätte er doch bloß die Finger davon gelassen, zumal er doch eine Spülmaschine hat. Dann lässt er arbeiten. Die Maschine wird angestellt: Wäsche waschen. An das Aufhängen der Klamotten denkt er besser noch nicht. Es ist wie sovieles an diesem Tag: Anti. Komplett Anti.





Ach, was könnte er jetzt tun? Keine Ahnung, vielleicht im Internet surfen? "Ist ja immer eine Option." 30 Minuten, dann reicht's. Ihm fällt ein, dass er ja den DJ machen soll. 40. Geburtstag in Köln steht in 14 Tagen an. Gut, denkt er. "Kannst' ja schon Mal, ein paar CDs zusammestellen." Zum ersten Mal versprüht er an diesem Tag Elan. Doch der Schein trügt. Nach der zweiten CD, hat er den aussichtslosen Kampf gegen den Sonntag verloren. Okay, seine letzte Chance naht: Ab nach draußen: Fieses Wetter - kalter Wind. Wo fährt er also hin? Zur Tanke. Er steigt ins Auto und denkt: "Och, das passt ja, der Tank ist leer. Dann hat die Fahrt wenigstens noch einen Sinn." Dann das Schlüsselserlebnis: Deckel auf, Rüssel rein. Deckel zu, Schlüssel rein, halbe Drehung und abgebrochen. Yeah. Sonntag. Das bittere Ende.


Montag, 16. März 2009

Der sabbernde Kippen-Gigolo


Sie ist blond, trägt schulterlanges Haar, ist geschätzte 33 Jahre alt und spricht mit russischem Akzent. Er: Volltrunken und 57.



Freitag-Abend, 19.54 Uhr, irgendwo zwischen den Metropolen Stendal und Wolfsburg. Ich warte im Bahn-Bistro auf meine Boulette und das Pils. Neben mir steht er. Sein linker Arm lehnt lässig am Tresen. Zwischendurch blättert er nervös in seiner Zeitung, allerdings nicht ohne frech fordernd, aber triefend sabbernd der mir völlig unbekannten Schönheit nachzuschmachten. Ihm entgeht nichts.Er bestellt schnell das zweite Bier. Schluck, schluck.



Während ich mir meine krasse Boulette reinziehe - der Hunger treibt's rein - tippelt er auf und ab, reißt die Augen weit auf und spitzt seinen Mund als würde er jeden Augenblick loslegen wollen. Da kommt sie. Mit dem dritten frisch gezapften Bier in der Hand, plustert sie sich auf. Er, der Gockel, holt seinen Kamm raus. Die Pomade in seinem Haar muss schließlich gepflegt werden. Schauspiel hin oder her, ich mache zunächst den Abgang.



Eine Stunde später. Kaum zu glauben, aber wahr: Er steht immer noch im Bistro und pfeift sich ein Helles nach dem anderen rein. Er nästelt an seiner Brille und klimpert mit dem Kleingeld, das in seiner Hosentasche fluffig sitzt. Sie guckt, er guckt. Seine Phantasien haben ihn absolut im Griff. Ein offener Schlagabtausch, wobei sie mittlerweile total angenervt ist.



Dann reicht es ihm. Er greift in die Innentasche seiner Jacke und holt sie raus: Ein Päckchen rote Gauloises. Ruckzuck und schon hat er das Folienpapier aufgerissen und steckt sich die Kippe in den Mund. Er zischt ab, drei Minuten später ist der stolze Hahn wieder da. Er hat es geschafft. Der Rauch sitzt in seinen Klamotten, das Nikotin ist sein Parfüm . Mit stolzgeschwellter Brust torkelt er zum Tresen. Er ist gut drauf und geht aufs Ganze: "Kannste mir mal 'nen Jägermeister bringen?" Ich steige aus.

Donnerstag, 12. März 2009

Augenmassaker


Feierabend. Ab ins Auto und zur Tanke. Der Sprit ist verhältnismäßig günstig. Super 1,14 Euro. Volltanken. Die A 10 und A 2 sind mein qualvolles Zuhause. Monotonie.




Meine Füße werden schwer wie Blei. Das Gaspedal kennt das Spielchen. Auf der Bahn geht's rund - prasselnden Dauerregen gibt es gratis obendrauf. Die Wischer malochen - hin und her. Das Dauerpendeln macht mich wahnsinnig. Meine Augen bewegen sich im Takt. Die Müdigkeit schlägt zu. Doch waghalsige Überholmannöver der Lkw und das dadurch ausströmende Adrenalin halten mich in der Spur. Es wird dunkel. Die grellen Scheinwerferlichter, die im Rückspiegel erbarmungslos auftauchen, verblenden die Sicht. Agonie.




Rückweg. 7 Uhr morgens. Die Nacht war kurz, meine Klüsen sind zugeschwollen.
Die Sonne blendet ohne Ende. Das Augenmassaker geht weiter. Die heruntergelassenen Blenden helfen nicht und die Sonnebrille liegt natürlich auf dem Schreibtisch. Die Scheiben sind verschmiert, durch die Wischanlage strömt kein Tropfen Wasser. Leere.

Mittwoch, 4. März 2009

Wie im Wahn

Internet, Olympiastadion, Sportschau: Das Fieber hat mich erwischt und mein Hirn am vergangenen Wochenede komplett ausgeschaltet. Der Fußball-Wahnsinn hat zugeschlagen und mir damit die versteinerten Schweißperlen buchstäblich ins Gesicht gemeißelt.

Am Freitag, 20.15 Uhr, haben sich meine Synapsen verabschiedet. Nachdem ich die Hütte mal wieder so richtig amtlich aufgeräumt hatte, brauchte ich den Kick. Den absoluten Kick. Mit der Partie 1. FC Köln gegen Arminia Bielefeld fing es an. Die Suchmaschine lief auf Hochtouren. Pünktlich zum Anpfiff war ich on air. Kurzzeitig konnte ich das Spiel mit deutschem Kommentar sehen, wenige Augenblicke später war arabisch angesagt - Enthusiasmus pur. Nach der Pause gab's den Kommentar aus dem Mutterland des Fußballs. Der Reporter war ein Arminia-Fan vor dem Herrn. Katongo und König Artur hatten es ihm angetan. Leidenschaft. Weil das Spiel mir dann doch zu sehr die Nerven strapazierte, zappe ich weiter durchs Netz. Dann entdecke ich, dass auch italienischer Fußball der Serie B gezeigt wird. AS Livorno gegen Empoli. Wie ein Junky ziehe ich mir beide Partien parallel rein. Mmmh. Livorno spielt am Ende 0:0 und Köln gegen Bielefeld 1:1. Super, denke ich, knackiger kann es fast nicht sein.


Szeneriewechsel: Samstag, Olympiastadion Hertha BSC vs. Bor. Mönchengladbach. Bahnfahren = Schwarfahren. Mund abwischen und durch. Stressig ist es aber doch irgendwie. Am Stadion trudeln die Kollegen ein. Alle völlig entspannt. Nur ich bin innerlich total aufgewühlt. Borussias letzter Platz lässt nunmal keinen Spielraum für ewige Träumereien. Die Realität ist bitter - vor, wie nach dem Spiel. Im Stadion rede ich den Kumpels das Match der Gladbacher schön. Okay, ich hatte eine wesentlich schlechtere Truppe erwartet, aber das Endergebnis von 2:1 für Hertha ist halt Fakt.

Völlig verfroren und gefrustet geht' s ab in die Bahn, diesmal mit (Stadion)-Ticket. Aber die Freaks in der Bahn geben alles. Verbal geht es amtlich zur Sache, das Niveau sinkt, die Laune steigt. Super! Fußball ist immer wieder ein Erlebnis. Was ist schon die Sportschau dagegen?