Mittwoch, 19. Mai 2010

Im Regen-Rausch

Am Morgen springt er unter die heiße Dusche, ist gut drauf und fühlt sich anschließend fit genug, um in den Arbeitstag zu starten. Mit frischen Klamotten macht er sich auf den Weg zu seinem Termin. Die Polizei kontrolliert heute Lkw. "Kann spannend werden", denkt er sich.


Doch sein Blick gen Himmel lässt nichts Gutes erahnen - ehe er ins Auto steigt. Prompt fängt es an zu prasseln. Der Himmel ergießt sich sintflutartig, seine Scheibenwischer rotieren bis zum Geht-Nicht-Mehr. Plötzlich kommt ihm der Italien-Urlaub wieder in den Sinn. Noch vor Monaten ergoss sich das Wasser gar durch das gesamte Zelt. Ein Regen-Rausch par excellence.




Doch wie von Wunderhand hört der Regen einigermaßen auf, als er die ersten Hände schüttelt und den Small-Talk vor Ort beginnt. Er holt erste Infos ein, notiert sie in seinem Block und beobachtet sozusagen lasterhaft. Die Laster-Fahrer hingegen blicken grimmig drein. Ers recht, als sich die Schleusen erneut öffnen und sich die Straße nahezu in einen reißenden Fluss verwandelt. Im Fluss ist allerdings sein Stift nicht mehr - sein roter Filzer gibt den Geist auf und einen Kulli hat er auch nicht dabei.


Während sein Geschriebenes sich mittlerweile veflüchtigt und das Papier nach und nach aufweicht, beginnt für ihn der amtliche Regen-Horror. Seine Klamotten triefen ohne Ende und entlang seiner Wirbeläule bahnt sich das Wasser seinen Weg in Richtung Ritze. Spitze, seine Laune steigt. Piepegal ist ihm mittlerweile das Treiben auf der Straße. Ordentlich durchgeweicht bricht er auf und fährt nach Hause. Er entkleidet sich und ein Schwall Wasser schwappt aus seinen Schuhen. Bis auf die Unterhosen ist alles klatschnass. Er verzieht sich erneut in die Dusche und beginnt nochmal von vorne. Diesmal bricht er allerdings schlecht gelaunt auf. Mai 2010 eben.

Dienstag, 11. Mai 2010

Wie bestellt und nicht abgeholt

Ein Gefühl, das jeder kennt: Es wird gewartet bis zum bitteren Ende und doch passiert nichts. Der Erlöser, in diesem Fall der Sperrmülldienst, kommt nicht - und das schon seit Wochen. Der Beckett-Klassiker "Warten auf Godot" bleibt ohnehin aktuell - und zwar in allen Lebenslagen. Doch wer schmeißt eigentlich solche Bulli-Sitze weg? Keine Ahnung. Der materielle Überfluss in unserer Gesellschaft macht's halt möglich. Absurd!

Mittwoch, 5. Mai 2010

Die Leibhaftigen

Er zieht sich aus, schaut sich an, blickt dann auf und stelllt fest: "Wow, Fetisch-Time ist angesagt." Doch die Könige und Königinnen der Speckfalten sollten erst noch kommen - gewaltig und authentisch kommen. Die vom Wanst zerfressenen lieben nunmal die Natürlichkeit.


Weil er selbst nicht gerade den klassischen Astral-Körper zur Schau stellen kann und die Knöchelchen bestenfalls an seinen Händen und mit Abstrichen am Schienbein sichtbar werden, lässt er zunächst aus sicherer Entfernung seinen Blick schweifen. Ja, in der Schwimmhalle tummeln sich bewegende Maschinen. Neben den Cellulite-Girls und den prachtvollen Hängebauch-Typen fällt er dann doch noch als Dünnili überraschenderweise irgendwie auf.
Der Fundus ist enorm hoch: Die Blamierprofis schieben sich unetwegt ins Wasser, verdrängen hektoliterweise das kühle Nass und bringen ihre Fettpolster gnadenlos ins Wallung - schwabbel, schwabbel!

Das, was man eigentlich nicht sehen will, bekommt hier nicht mal gratis geboten. Denn der Eintritt ist kinomäßig ganz schön happig. Happig sind auch die Körper, vor allem wenn die tätowierten Speckfalten sich selbst sezierend amtlich im Takt hin und her wallend-wabbelnd zerquetschen. Das Absaufen verhindern die selbstgezüchteten Rettungsringe. Auch die schlackernden Oberarme der XXXL-Models beeindrucken zutiefst. Tief lässt das Hüftgold blicken - in Massen nicht in Maßen lautet das Credo. Speckalarm!



Das unbezahlbare Gut wird stolz vor sich hergetragen, lieb umkost und wenn jemand eine größere Pocke präsentiert gar neidisch beäugt. Mann und Frau wollen schließlich im Duett eine gute Figur abgeben. Doch er bleibt im Niemandsland zwischen den gestählten Körpern und den absoluten Top-Fettleibern. Für ihn bleibt viel zu tun, so oder so.